Deine Heimat

Willkommen in deiner Welt. Hier geht es um deine Heimat und um das, wo du dich zuhause fühlst.


Von Bayern nach Hessen


Rauschende Bäume, das Plätschern eines kleinen Baches, das Zwitschern der Vögel und der Geruch nach Wald.
Tannenduft, Moos, einfach ein Waldgeruch! Das kommt mir in den Sinn, wenn ich an meine Heimat denke.
Aber auch noch viele andere Sachen – hohe Berge, steile Straßen. Wenig Industrie, wenig Lärm. Nur ab und zu ein Auto, das vorbeifährt.
Und natürlich das Essen, das wunderbare fränkische Essen. Riechst du das auch? Ein Schweinebraten – mit Spinat, Knödeln und Salat.
Und dazu ein eiskaltes, fränkisches Kulmbacher Bier. Ich sitze in einem Biergarten, an einer richtigen Biergarnitur mit einer blauweißen Tischdecke, bayerischer Art. Die Sonne scheint und um mich herum sitzen Leute, die das Wetter genießen und sich ebenfalls auf ihren Schweinebraten freuen.
Um an den Ort hinzugelangen, muss man erst G'schteinig durchlaufen. Erst geht's den Berg runter, dann geht es ein Stück an einer Nagelfabrik vorbei, über eine kleine Brücke und dann läuft man eigentlich nur noch an einem kleinen Fluss entlang. Der entspringt im Fichtelgebirge.
Im Gegensatz zum Main ist der winzig. Aber der Main entspringt auch in meiner Heimat. Manche fragen sich jetzt, wie ich auf den Main komme.
Das ist ganz einfach erklärt: Ich wohne in Hessen. Eine Fränkin in Hessen – ein sehr komisches Bild.
Wenn ich so drüber nachdenke, ist es ein ganz schön großer Kontrast zwischen Hessen und Franken. Aber kommen wir zurück zum Thema:
Wie bin ich nach Hessen gekommen? Die Geschichte ist eigentlich nicht lange. Meine Mama hat damals in Franken keine Arbeit gefunden. Also es gibt schon Arbeit, aber man muss fast 60 km fahren und irgendwann geht man ja bloß noch für die Nebenkosten und das Benzin arbeiten.
Außerdem hatte meine Mutter damals jemanden in Hessen kennengelernt und sich dann dort nach Jobs umgeguckt. Sie hatte dann einen guten Job gefunden und ist in die Nähe von Darmstadt gezogen. Kurze Zeit später habe ich meine Zelte in Franken abgebaut und bin ihr nachgezogen.
Und jetzt lebe ich schon seit sechs Jahren als fränkische Hessin. Es ist anders. Hessen ist ein totales Flachland. Also zumindest unten bei mir rund um Darmstadt. Die so genannte „Bergstraße“ ist für mich nur eine Kette kleiner Hügelchen. Das ist quasi noch Flachland. Auch der Wald hier ist eigentlich kein richtiger Wald und ich kann auch sagen, warum. Ich war ein einziges Mal mit meiner Mama in einem so genannten „Wald“ in Hessen und ich war sehr enttäuscht: Es stehen nur Laubbäume da. Keine Fichten, kaum Nadelbäume, nur Laubbäume. Wir waren schwammern, das ist Pilze suchen, und haben Schwammer entdeckt, die wir noch nie in unserem ganzen Leben gesehen haben: Mutierte Hessenschwammer! Weißt Du, wie die ausgesehen haben? „Guck mal, das sind Rotkappen“ hat meine Mutter gesagt. „Des sind doch keine Rotkappen!“ habe ich geantwortet. Wir wissen bis heute nicht, was das für hessische Schwammer waren. In meiner Anfangszeit als fränkische Hessin hatte ich einen krassen Kulturschock:
In meiner neuen Klasse saßen auf einmal viel mehr Menschen aus anderen Kulturen und Religionen. Das war mir fremd. Zuhause gab es das kaum.
An meiner alten Schule gab es kein einziges Mädchen mit Kopftuch. In meiner Klasse war nur ein Junge türkischer Herkunft. Er ist in Ethik gegangen, das weiß ich noch. Ich bin erst in Hessen dann in Ethik gegangen. Ich bin Atheistin. Ich glaube an nichts. Obwohl ja Bayern eigentlich sehr religiös ist.
In Bayern ist das so: Das Bayernland ist katholisch und das Frankenland ist evangelisch. Hier und da gibt es dann noch ein paar mit anderer Religion.

geschrieben von: Anonym